Damit Velos ein elementarer Teil der Alltagsmobilität werden, müssen sie praktische Lösungen für den Transport bieten. Das Sortiment an Velotaschen ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Hersteller haben sich auf die Bedürfnisse von AlltagsradfahrerInnen eingestellt. Aber welche ist die richtige Tasche? Tipps für die Auswahl.
Die Gepäckträgertasche und der Lenkerkorb sind die klassischen Transportmöglichkeiten für Gepäck auf dem Velo, die einem direkt in den Sinn kommen. Aber der Markt hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Ortlieb, ein Spezialist für Velotaschen aus dem mittelfränkischen Heilsbronn, führt in seinem Fahrradtaschensortiment über 100 unterschiedliche Produkte – Rücksäcke sind dabei nicht mitgezählt. Das Sortiment reicht von Lenkertaschen über Gepäckträgertaschen und Rahmentaschen bis hin zu Trunk-Bags, die oben auf den Gepäckträger gesteckt werden. «Eine Fahrradtasche kann man mittlerweile direkt auf den passenden Einsatzzweck abstimmen», sagt Pressesprecher Peter Wöstmann. Doch wie findet man die passende Tasche?
Einsatzzweck und Volumen bestimmen
Im ersten
Schritt steht die Frage, für welchen Einsatzzweck die Tasche bestimmt
ist. Kleinere Touren oder eine mehrwöchige Radreise, die Fahrt ins Büro
oder ein Bikepacking-Abenteuer, oder einfach der alltägliche Einkauf –
für alles gibt es die passende Ausrüstung. Ausserdem steht die Frage im
Raum, welches Volumen ungefähr im Durchschnitt transportiert werden
muss. Für Tagestouren reichen Taschen mit einem Volumen von 15 bis 20
Litern, für Mehrtagestouren sollten rund 40 Liter eingeplant werden. Wer
noch ein Zelt und einen Schlafsack mitnehmen möchte, kommt schnell auf
60 Liter Transportvolumen. «Mit einer klassischen Gepäckträgertasche
macht man als EinsteigerIn nicht viel falsch. Sie deckt viele
Einsatzzwecke ab und ist sowohl für den Einkauf als auch für eine kleine
Tour gut geeignet. Wenn eine längere Tour ansteht, kann man mit
weiteren Taschen aufstocken», rät Experte Wöstmann. Solche klassischen
Backroller werden, zum Beispiel bei Ortlieb oder Vaude, sowohl als
Einzeltasche oder auch paarweise angeboten. Alternativ gibt es auch
kleine Taschen, die man auf ein kompaktes Packmass reduzieren und in
anderen Taschen mitnehmen kann. Somit steht bei Bedarf eine zusätzliche
Tasche zur Verfügung. Ein weiterer Vorteil von Hinterradtaschen ist die
Vielfalt des Angebots. Speziell für PendlerInnen gibt es beispielsweise
Versionen mit gepolstertem Laptop-Fach und Innentaschen oder sogenannte
Einsätze beziehungsweise Inserts für klassische Reiseradtaschen, die
diese Funktion übernehmen.
Nicht zu viel einpacken
Aber
Vorsicht: Bei der Taschenwahl beziehungsweise beim Packen gilt es, das
zulässige Gesamtgewicht des Velos oder E-Bikes zu beachten. Das liegt,
je nach Modell, meist zwischen 100 bis 180 Kilogramm und bezieht sich
auf das Gewicht von FahrerIn, Velo beziehungsweise E-Bike sowie
Zuladung. «Speziell bei E-Bikes ist das zulässige Gesamtgewicht schnell
erreicht. Deshalb sollte man genau überlegen, was man auch wirklich
braucht oder was man zu Hause lassen kann», sagt Stephanie Römer vom Velohersteller Tout Terrain, der auf Reise- und Alltagsräder
spezialisiert ist. Römer, die selbst gern mehrwöchige Radtouren
unternimmt, gibt noch einen weiteren Tipp: «Gerade für längere Radreisen
sollte eine Fahrradtasche wasserdicht sein. Wenn nach einem Regentag im
Sattel auch der Inhalt der Tasche schwimmt, ist die Lust aufs Radfahren
schnell vorbei.» Auch für AlltagsradlerInnen, die etwa im Winter
unterwegs sind, bietet sich eine Tasche aus wasserdichtem Material mit
verschweissten Nähten an. Im besten Fall wird zusätzlich ein
reflektierendes Material verwendet, das die Sichtbarkeit bei Dunkelheit
erhöht. In Kombination mit einem Rollverschluss wird der bestmögliche
Schutz gegen eindringendes Wasser erreicht.
Durch einfaches Herunterdrücken eines Flügels des «Top-Lock-Systems» und seitliches Kippen der Tasche ist das Gepäck in Sekundenschnelle gelöst. Taschensystem von Ortlieb.
Foto: www.ortlieb.com / pd-f
Der «E-Trunk» ist eine wasserdichte, formstabile Tasche für die Montage auf dem Gepäckträger. Hersteller Ortlieb hat sie speziell für E-Bikes konzipiert.
Foto: Florian Schuh / pd-f
Halterungen am Rad oder der Tasche?
Im zweiten Schritt steht die Frage: Wo und wie befestigt man die Taschen am besten? Für die Befestigung am Gepäckträger gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ortlieb bietet beispielsweise zwei Optionen: Beim sogenannten Quick-Lock-System (Versionen 1 und 2.1) sind Haken an der Tasche befestigt, die dank verstellbarer Fixierungen an jedem gängigen Gepäckträger einfach eingehängt werden können. Vaude setzt mit dem QMR 2.0 (Quick Mount Release) auf eine ähnliche Lösung. Für das Dreipunktsystem Quick-Lock-3.1 von Ortlieb hingegen gibt es spezielle Gepäckträger, der über dieselbe Dreipunkt-Aufnahme wie die entsprechenden Taschen verfügt. Alternativ ist die Anbringung über einen Adapter an jedem Gepäckträger möglich. «Das Halterungssystem ist direkt am Fahrrad. Die Rückenplatte der Tasche bleibt hingegen frei. Das ist vor allem für Business-Lösungen interessant, weil man die Tasche auch abseits des Rades leicht mitnehmen und als Umhängetasche oder Rucksack nutzen kann», erklärt Wöstmann. Der passende Gepäckträger ist nachrüstbar und mit den anderen Halterungssystemen kompatibel.
Vielzahl an Halterungsmöglichkeiten
Einer wachsenden Beliebtheit unter Veloherstellern erfreut sich aktuell das sogenannte Mik-System. Die Abkürzung steht für «Mounting is Key». Dabei wird eine Adapterplatte auf einen passenden Gepäckträger geclippt. Unterschiedliches Zubehör, wie beispielsweise Velokörbe, Taschen oder auch spezielle Einkaufskisten, die mit einem Gegenstück ausgestattet sind, können anschliessend einfach auf den Gepäckträger gesteckt werden. «Der Vorteil des Systems: Man hat eine Halterung und kann unterschiedliche Produkte nutzen, ohne sich weitere Gedanken über die Befestigung zu machen. Auch Standard-Taschen für die seitliche Befestigung sind möglich. An vielen unserer Fahrräder und E-Bikes verbauen wir deshalb das Mik-System, weil es viele Möglichkeiten bietet – gerade in Blick auf die alltägliche Mobilität mit dem Fahrrad», erklärt Birgit Greif vom Fahrradhersteller Winora. Die Lösung von Rixen & Kaul namens Klickfix basiert auf einer ähnlichen Idee: Spezielle Gepäckträger können per Adapter mit Taschen kombiniert werden. Die Tasche verriegelt am Träger automatisch und sicher, ein spezieller Gepäckträger ist allerdings im Gegensatz zum Mik-System Voraussetzung.
Kein Gepäckträger? Kein Problem!
Bleibt die Frage: Was tun, wenn es keinen Gepäckträger am Velo hat? «Die einfachste Möglichkeit ist, zum Rucksack zu greifen», sagt Benedikt Tröster von Vaude. Aber auch der Markt an nachrüstbaren Gepäckträgern wächst. SKS Germany, bekannt vor allem für Schutzbleche und Luftpumpen, bietet beispielsweise einen Gepäckträger, der durch ein Schnellspannsystem an den Sitzstreben montiert wird. Ausgestattet ist der Träger mit dem Mik-System, ab Ende des Jahres gibt es auch eine Variante mit AVS-Adapterplatte, die ähnlich wie das Mik-System funktioniert. Zudem bietet der Nachrüstträger Aufnahmen für ein Schutzblech und ein Akku-Rücklicht. «So kann mit nur wenigen Handgriffen ein sportliches Fahrrad in einen Alltagsbegleiter verwandelt werden – und wieder zurück. Gerade für den stark nachgefragten Bereich der E-Mountainbikes eine praktische Lösung», sagt Linda Schulte von SKS Germany. Puristische Lösungen für stylische Alltagsräder hat Fahrer Berlin im Angebot. Neben Hinterradgepäckträgern hat das Team auch einen Frontgepäckträger entwickelt. Die Taschenbefestigung basiert dabei auf dem hauseigenen FSX-Standard: Die speziellen Taschen werden über ein L-förmiges Element am Träger geschoben und so fixiert. «Das ist eine sichere Verbindung von Taschen und Träger, ohne zusätzliche Halterungen. Eine praktische, modische Option», erklärt Philipp Elsner-Krause von Fahrer Berlin das System. Ortlieb bietet mit dem «Quick Rack» beziehungsweise «Quick Rack Light» nachrüstbare Gepäckträger für sportliche Räder wie Gravel- und Fitnessbikes sowie Mountainbikes mit schmäleren Reifen an. Laut Hersteller lässt sich der Gepäckträger in 15 Sekunden montieren und verträgt eine Zuladung bis 20 Kilogramm. Schutzbleche sind optional erhältlich.
Perfekt zum Einkaufen oder für Bikepacking-Touren: Die SKS Velotasche «Infinity Topbag» der Marke Basil bietet viel Stauraum und hat gepolsterte Innenfächer. Mit einem Handgriff lässt sich die Tasche an allen Gepäckträgern mit Mik Adapterplatte befestigen.
Foto: Kay Tkatzik / pd-f
Der Gepäckträger «Infinity Universal» bietet unendlich viele Möglichkeiten einer Anpassung an fast jedes Velo. Das Befestigungssystem von SKS kann in Neigung und Höhe individuell eingestellt werden. Alle Accessoires mit einer vormontierten Mik-Adapterplatte sind damit schnell festgeklickt.
Foto: www.sks-germany.com / pd-f
Die Lenkertasche «Proof Box» von Vaude ist aus PVC-freiem Material hergestellt und wasserdicht. Der grosse Klappverschluss lässt sich mit einer Hand bedienen. Die Befestigung ist eine «KLICKfix Adapterplatte», die an der Lenkerstange angebracht wird.
Foto: www.vaude.com / pd-f
Der Hersteller Fahrer Berlin hat seiner überarbeiteten Einkaufstasche «Konsum» eine stabile, aber mittig faltbare Rückseite spendiert. Damit lässt sie sich per Klickfix-Verbindung am Gepäckträger befestigen. Bei Nichtgebrauch passt die Tasche in einen Rucksack.
Foto: www.fahrer-berlin.de / pd-f
Urbanpacking als neuer Trend
Stark nachgefragt sind
zudem Rahmen- und Satteltaschen, wie sie aus dem Bikepacking bekannt
sind. Urbanpacking wird der Trend genannt, wenn die Abenteuerausrüstung
am Alltagsrad Verwendung findet. «Die Taschen bieten im Alltag Platz für
die wesentliche Dinge wie Regenjacke, Schlüssel und Geldbeutel. Der
Vorteil dabei: Man kann sein Rad weiterhin sportlich nutzen, ohne durch
die Taschen beeinträchtigt zu sein», sagt Daniel Gareus vom
Markenimporteur Cosmic Sports, der entsprechende Taschen der Marken
Revelate Designs und NG im Angebot führt. «Wir stellen fest, dass ein
Vermischen von Bikepacking- und normalen Taschen stattfindet», berichtet
auch Wöstmann.
Nachhaltigkeit ist wichtig
Einen
wachsenden Stellenwert bei der Taschenwahl nimmt das Thema
Nachhaltigkeit ein. Beim Hersteller Ortlieb achtet man beispielsweise
darauf, dass die Taschen möglichst ohne gesundheits- und
umweltschädliche Materialen wie PFC und Weichmacher auskommen oder
bietet Materialalternativen wie Cordura oder PU-beschichtete
Polyestergewebe an. «Das ist gerade in Kombination mit unserem
Versprechen, eine hundertprozentige Wasserdichte zu garantieren, ein
hoher Entwicklungsaufwand», erklärt Firmensprecher Wöstmann und ergänzt,
dass man auf möglichst regionale Materialien setzt, um CO2 beim
Transport einzusparen. Den genauen «Product Carbon Footprint» jeder Tasche
weist das Unternehmen seit Frühjahr transparent auf der Website aus.
Cosmic Sports setzt bei den Taschen seiner Eigenmarke NG auf «Cyclepet»,
ein Material, das aus recycelten PET-Flaschen hergestellt wird. Fahrer
Berlin setzt ebenfalls auf Materialien, die aus alten PET-Flaschen
gewonnen werden. Auch bei Vaude steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben
auf der Agenda. Die Radtaschen des Herstellers sind grundsätzlich
PVC-frei. «Zudem wird ein Grossteil unserer Taschen und Rucksäcke aus
recycelten Rohstoffen produziert, zu Beispiel werden Polyestergarn aus
recycelten PET-Flaschen oder Plastikabfälle für unsere Rückenplatten bei
Radtaschen verwendet. Der Einsatz von Recycling-Material schont fossile
Rohstoffe und spart bis zu 50 Prozent an Energie und CO2-Emissionen
gegenüber herkömmlicher Produktion aus Rohöl», erklärt Benedikt Tröster.
Nachhaltiges Wirtschaften zeigt sich noch auf einer anderen Ebene: Gute Velotaschen sind äusserst robust und langlebig. Zudem halten
Hersteller wie Ortlieb und Vaude diverse Ersatzteile auch für ältere
Modelle bereit, um die Reparierbarkeit der Produkte zu gewährleisten.
Ortlieb repariert laut eigenen Angaben rund 18.000 Taschen jährlich.
Für Pendler, die mit dem Velo zur Arbeit fahren, bietet die «ExCycling Back» von Vaude besonderen Schutz für das Notebook.
Foto: Martin Erd / Vaude
In einer Bikepacking-Satteltasche von Ortlieb lässt sich viel Gepäck unterbringen. Zudem schützt sie den
Rücken vor emporgeschleudertem Dreck und Nässe. Praktisch: Die Kordelspinne hält zum Beispiel die Regenjacke griffbereit.
Foto: www.ortlieb.com / pd-f
Leicht, stabil, wasserfest und mit einem Deckel versehen – dieses moderne Fahrradkorbkonzept kommt von Taschenspezialist Ortlieb.
Foto: www.ortlieb.com / pd-f
Taschen fürs Vorderrad von Ortlieb bieten zusätzliches Packvolumen. Kompakt verschnürt und nahe an der Längsachse sollte das Gepäck verstaut sein, wenn die Strasse zu Ende ist, der Weg aber noch nicht...
Foto: www.ortlieb.com / pd-f
Text und Fotos: Pressedienst Fahrrad