Andrea Freiermuth: «Auf dem Sattel den Menschen näher»

Andrea Freiermuth war ein Jahr lang unterwegs, suchte die Begegnung mit fremden Kulturen und zeigt mit ihrem Abenteuer auf, welches Potenzial in einem E-Bike steckt.

Iranische Gastfreundschaft: Kein Hotel? Kein Problem! Andrea Freiermuth durfte die Nacht bei dieser Familie verbringen – natürlich mit Abendessen und Frühstück.
Iranische Gastfreundschaft: Kein Hotel? Kein Problem! Andrea Freiermuth durfte die Nacht bei dieser Familie verbringen – natürlich mit Abendessen und Frühstück.

Zürich – Peking per E-Bike war der Plan, weshalb gerade diese Route?
Seit meiner ersten Veloreise mit 21 Jahren hegte ich den Wunsch, nach Asien zu radeln. Eigentlich dachte ich stets an Indien, aber China beeinflusst unser Leben immer mehr. Ich wollte das Land kennenlernen, die Frage war dann nur noch: Soll die E-Bike-Tour über Russland oder unterhalb des Schwarzen Meers durch die Türkei führen? Ich entschied mich für letzteres, weil die Südroute abwechslungsreicher ist. Ausserdem war Iran schon lange eine Wunschdestination.

Haben Sie sich vorgängig über die touristisch weniger bekannten Länder, wie Kosovo, Usbekistan oder Armenien, informiert?
Ich habe vor jeder längeren Reise Existenzängste und beruhige mich dann jeweils damit, dass ich ja jederzeit abbrechen und umkehren kann. Deshalb habe ich mich vorgängig gar nicht sooo genau erkundigt. Ich habe mich stets auf das jeweils nächste Land vorbereitet. Dabei war WhatsApp eine wichtige Quelle. Da gibt es Chatgruppen für Veloreisende. Gerade in Turkmenistan halfen mir die Tipps eines Deutschen enorm. Dank der WhatsApp-Gruppe konnte ich mich auch mit anderen Radreisenden verabreden. Bei dieser Gelegenheit tauschten wir neben Infos oft auch Geld und SIM-Karten für das jeweils nächste Land.

Was nahmen Sie an Gepäck auf die lange Reise mit?
Zelt, Benzinkocher, Bikebekleidung, Laptop. Das wichtigste Stück war aber ganz klar das Handy, das als Übersetzungsbüro, Kommunikationszentrale und Fotokamera fungierte. Einverstanden, die beiden Ladegeräte waren natürlich auch sehr wichtig. Mein Gepäck wog rund 23 Kilos, wovon der zweite Akku beinahe vier Kilos ausmachte.

Sie waren oft Hunderte Kilometer auf Nebenstrassen unterwegs. Befürchteten Sie nicht, mal keine Steckdose zum Aufladen der beiden Akkus zu finden?
In der ersten Woche bin ich in den italienischen Alpen mit mittlerer Unterstützung 101 Kilometer über 2’680 Höhenmeter gefahren. Am Ende des Tages hatte ich einen 630Wh-Akku leer und den anderen noch beinahe halbvoll. An dieser Strecke habe ich mich während der ganzen Reise orientiert. Und je länger ich unterwegs war, desto entspannter wurde ich. Dank der Navigations-App Komoot wusste ich jeweils genau, wie viele Kilometer und Höhenmeter vor mir lagen. Heute bin ich überzeugt: Solange man auf dem Asphalt bleibt, ist Strom kein Problem. Als ich in die Region des Pamir Highway kam, sagten viele in den Facebook-Chatgruppen: ‘Vergiss es, mit einem E-Bike kommst Du da nicht durch’. Anders als der Name suggeriert, ist der Pamir Highway keine Autobahn, sondern eine einfache Schotterstrasse, die sich durch die Berge Tadschikistans windet. Nicht alle Dörfer sind am Stromnetz angeschlossen. Von einem ortskundigen Bekannten wusste ich aber, dass mich im Notfall sicher ein Lastwagen für ein paar Dollars mitnehmen würde. Das Aufladen war dann aber auch im Pamir nie ein Problem. Nur einmal fand sich kein Netz, dafür eine andere Lösung: In Alichur, wo ich in einem Homestay eincheckte, setzte der Gastgeber eigens einen Dieselgenerator in Gang.

Sie fuhren auf dem 900 Kilometer langen Pamir Highway auf 4000 m. ü. M – wie muss man sich diese Route vorstellen?
Auf dieser Höhe ist man nur die ersten vier Tage unterwegs. Danach geht es langsam, aber stetig runter. Der Pamir Highway ist bei Veloreisenden sehr beliebt, weil die Berge spektakulär sind, die Strasse wenig Verkehr hat, und die Dörfer entlang der Strecke eine einfache, touristische Infrastruktur bieten.

Wie haben Sie sich mit der Bevölkerung in den verschiedenen Ländern verständigt?
Google Übersetzer war super hilfreich. Weit verbreitete Sprachen wie Chinesisch, Russisch oder Türkisch kann man mit der App für den Offline-Gebrauch runterladen. Für Usbek, Tadschik und Ähnliches braucht man Netz. Mit Empfang kann man sogar auf Deutsch ins Handy reden, und Google übersetzt simultan. Aber am besten ist natürlich schon, wenn man selber ein paar Wörter kann: In Shanghai legte ich einen Stopp ein, den ich schon vor der Reise für einen zehnwöchigen Sprachaufenthalt geplant hatte. Dank der erworbenen Kenntnisse hatte ich in China viele schöne Begegnungen. Türkisch wäre aber mindestens ebenso hilfreich gewesen: Es ist die Basis für viele Turksprachen, wie etwa Usbekisch oder Uigurisch. Das war mir vor der Reise aber noch nicht klar. Auch dass Russisch in Zentralasien immer noch so weit verbreitet ist, war mir nicht bewusst.

Eine der schönsten Radstrecken der Welt: Auf dem Pamir Highway tritt man fast täglich auf andere Radfahrer.
Eine der schönsten Radstrecken der Welt: Auf dem Pamir Highway tritt man fast täglich auf andere Radfahrer.

Das komplette Interview ist im Magazin easybiken, Heft Nr. 2•2020 zu lesen. 

Die Ausgabe lässt sich online bestellen.



Interview: Maja Fueter, Fotos: Andrea Freiermuth
aus: easybiken, Heft Nr. 2•2020

Artikel teilen

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln.

Notwendige Cookies werden immer geladen