Das 2017 gegründete Start-up AureusDrive hat ein Ziel: erschwingliche E-Bikes unter die Leute zu bringen. Wie das die beiden Gründer und Geschäftsführer Gabriel Barroso und Sergio Tresch erreichen wollen, erklären sie im easybiken-Interview.
Kennengelernt haben sich Gabriel Barroso und Sergio Tresch an der Hochschule Luzern, wo beide im Bereich Energiesysteme gearbeitet haben und vis-a-vis sassen. Gabriel, gelernter Maschinenbauingenieur ETH mit Fachgebiet Energietechnik, ist jeden Tag 30 Kilometer mit einem schnellen E-Bike an die Hochschule gependelt. Und auch Sergio, gelernter Polymechaniker mit Weiterbildung zum Maschinenbauingenieur, hatte ein Faible für Elektrofahrräder. Irgendwann haben sich die beiden gefragt, weshalb schnelle E-Bikes so teuer sind, die Leistung aber dennoch oft Wünsche offenlässt. So haben sie ihr eigenes Forschungsprojekt zum Thema E-Bike lanciert. Bei der Analyse hat das Duo festgestellt, dass ein E-Bike eigentlich nur aus Einzelteilen besteht, die frei am Markt erhältlich sind und die sich individuell zusammenstellen lassen. So hat der Bau erster Prototypen begonnen. In der Laborwerkstatt haben die beiden auch verschiedene Antriebe analysiert. Als sie die ersten Prototypen zusammenhatten, reifte der Entscheid, selber eine E-Bike-Marke zu gründen. 2017 war in Luzern die Geburtsstunde von AureusDrive. Die Mission: erschwingliche, robuste und stilvolle E-Fahrzeuge für alle herzustellen.
easybiken: Eure Geschichte hat etwas Märchenhaftes. Doch woher hattet ihr das Geld für die Firmengründung?
Sergio Tresch: Durch Crowd Founding. So wollten wir unsere erste Serie finanzieren. Im Winter 2017 legten wir eine erste Serie von 65 E-Bikes auf. Danach erweiterten wir die Aktion in ein Crowd Lending, wo man als Privatperson auch Kreditgeber werden konnte, um das Wachstum der Firma zu finanzieren. Seit der Firmengründung 2018 konnten wir die Absatzzahlen jedes Jahr verdoppeln und sind inzwischen bei über 800 E-Bikes im Jahr 2022 angekommen.
Wieso habt ihr nicht versucht, euch über Venture-Kapital zu finanzieren?
Gabriel Barroso: Das Crowd Founding hat so gut funktioniert, dass wir bisher jedes neue Modell so finanziert haben. Das Founding war für uns zugleich Marktforschung. Wir fühlten den Puls bei den Leuten und merkten, was sie wirklich wollten. So sind auch unsere Modelle «Comfort» und «Power» entstanden. Im Übrigen sind bei uns im Crowd Lending längst auch institutionelle Anleger dabei. Pensionskassen beispielsweise, die sehr genau schauen, wem sie ihr Geld anvertrauen. Zudem macht die Crowdfounding-Plattform ein Rating.
Wie seid ihr eingeschätzt worden?
Gabriel Barroso: Mit einem B+.
Ist es überhaupt möglich, als Start-up eine A+-Bewertung zu erhalten?
Gabriel Barroso: Das dürfte schwierig sein.
Sergio Tresch: Es hat viel mit Passion und Vertrauen zu tun und auch mit persönlichem Kennen, wenn uns Leute ihr Geld zur Verfügung stellen.
Wie seid ihr auf den Namen AureusDrive gekommen?
Sergio Tresch: Es war uns wichtig, einen Namen mit A zu haben, um bei Suchreihenfolgen weit oben zu erscheinen. Durch einen Fehler in der Google-Übersetzung sind wir schliesslich auf die Bezeichnung Aureus gekommen. Ich wollte «Drehmoment» ins Lateinische übersetzen, was Google mit «Aureus» übersetzt hat. Gabriel war jedoch skeptisch, ob Aureus tatsächlich Drehmoment heisst. Pons hat Aureus dann mit «edel» beziehungsweise «vergoldet», «schön» übersetzt. Das hat uns noch besser gefallen. So haben wir den Namen behalten. Das verkehrte A bedeutet «für alle». So hatten wir den perfekten Namen: Aureus – der edle Antrieb für alle.
Wie seid ihr bei der Konzeption eures S-Pedelecs vorgegangen?
Sergio Tresch: Wir wollten ein S-Pedelec auf den Markt bringen, dass nicht teurer als 3000 Franken ist. Das haben wir tatsächlich geschafft. Aber die Kosten für das Fahrzeug sind nur ein Teil der Gesamtkosten. Diese müssen auch noch die Aufwendungen für Löhne, Werkstatt, Vertrieb und Werbung beinhalten. Ausserdem braucht es Marge, um das Wachstum zu finanzieren. Das liess uns über Vertriebskonzepte nachdenken. Und darüber, was man auch am Bike weglassen kann, ohne dass der Komfort leidet. Zusatzfunktionen wie Bluetooth-Kommunikation, 24-Gang-Schaltung oder GPS-Tracking haben wir an unseren E-Bikes nicht implementiert.
Gabriel Barroso: Wir haben die Denkweise umgekrempelt. Mich als Kunde interessiert es nicht, ob das Bike in einem durchgestylten Showroom an bester Passantenlage in der City einer Stadt verkauft wird. Für gewisse Kunden mag das wichtig sein, aber längst nicht für alle. Viele wollen ein schnelles E-Bike von guter Qualität zu einem vernünftigen Preis. Wir haben uns überlegt, bei welchen Posten, die keinen direkten Kundennutzen bringen, wir Einsparungen vornehmen können. So entstand die Idee der unbemannten Teststationen und des Direktvertriebs. Weil Probefahrten wollten wir schon anbieten. Aber braucht es da tatsächlich jemanden, der danebensteht und das Bike erklärt?
Sergio Tresch: Wir haben dann aber festgestellt, dass die Teststationen nur bei einer jüngeren, technikaffinen Klientel funktionieren. Alle anderen brauchen Beratung. So sind wir auf unser Provisionsmodell für die Händler gekommen. Die müssen bei uns aber nicht vorbestellen und die Modelle in gewissen Stückzahlen ans Lager nehmen, sondern erhalten die Testvelos sogar kostenlos. Der Kunde bestellt dann nach der Probefahrt bei uns über die Homepage oder der Händler bestellt über die Homepage für den Kunden. Die Auslieferung findet dann von AureusDrive über einen Logistikpartner direkt an den Endkunden statt. Die Partner führen auch Service-, Garantie- oder Reparaturarbeiten aus.
AureusDrive
Das komplette Interview ist im Magazin easybiken zu lesen. Die Ausgabe 1/23 lässt sich online bestellen.
Interview und Fotos: Martin Platter
aus: easybiken, Heft Nr. 1/2023